Newsroom
-
Wer bildet uns eigentlich aus? Christopher Morasch beerbt Karl-Martin Obermeier in Gelsenkirchen
Anders als viele seiner Kolleginnen und Kollegen, die die an deutschen Hochschulen PR lehren, ist Christopher Morasch selbst kein Kommunikationswissenschaftler. Er ist Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Internetökonomie. Vor seiner Berufung an das Institut für Journalismus und Public Relations war Morasch fast 15 Jahre im Management von MarTech-Unternehmen tätig, genauer gesagt in Unternehmen, die softwaregestützte Marktforschungstechnologien anbieten.
Herr Morasch, bei Ihrer beruflichen Vergangenheit drängt sich die Frage auf: Was reizt Sie daran, Professor für Theorie und Praxis der PR zu sein?
Zum Professor wird man berufen. Ich bin meinem Ruf an das Institut aus vielen Gründen gerne gefolgt: Durch die vergleichsweise überschaubare Anzahl an Studierenden bieten sich gute Möglichkeiten für seminaristische und interaktive Lehre, die mir großen Spaß bereitet. Zum anderen habe ich jetzt optimale Bedingungen, um in einem großen Radius zu Forschen. Das Institut ist hervorragend ausgestattet: von der Hardware für Medientechnik bis hin zu Statistikprogrammen, und auch die Kompetenzfelder sind sehr heterogen. Eine absolut spannende Arbeitsatmosphäre.
Was macht den Studiengang Journalismus und PR in Gelsenkirchen in Ihren Augen aus?
Ein gut durchdachtes Curriculum mit Lehre am Puls der Zeit und enger Verzahnung mit der beruflichen Praxis. Wir sind nicht nur mit Partnerhochschulen auf der ganzen Welt gut vernetzt, sondern arbeiten auch eng mit regionalen und internationalen Unternehmen zusammen. Die Liste sehr erfolgreicher JPR-Absolventinnen und Absolventen ist lang und reicht von der Top Managerin bis zur Staatssekretärin.
Traditionell legt das Institut viel Wert auf eine praxisorientierte Ausbildung und auf die Kombination (und geichzeitige inhaltliche Trennung) von Journalismus und PR. Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?
Ich glaube, dass Internettechnologien in der Ausbildung von Kommunikationsmanagern, PR-Leuten und auch Journalisten heute eine wichtige Rolle spielen. In meiner Lehre achte ich vor allem darauf, aktuelle Entwicklungen und Themen mit einzubeziehen.
Genau wie meinem Kollegen Karl-Martin Obermeier ist auch mir anwendungsbezogene Ausbildung von Studierenden sehr wichtig. Dabei hilft mir zum Teil, dass ich bis heute mit meinem Start-up digitell.me in der Praxis tätig bin.Welche Themen werden wichtiger oder kommen neu dazu?
Ich glaube, dass es in der Lehre immer wichtiger wird, Zusammenhänge von technologischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Entwicklungen zu analysieren. Zum Beispiel ist es wichtig, Studierenden aufzuzeigen, welche Rolle sie in einem Geschäftsmodell dabei spielen, wenn sie soziale Medien nutzen. Gerade im Zeitalter der globalen Populisten, die neue Technologien oft früh und sehr erfolgreich einsetzen, sind aber objektive Berichterstattung und Qualitätsjournalismus vielleicht wichtiger als jemals zuvor und sollten einen festen Platz in der Ausbildung von unseren Studierenden finden.
Welche konkrete Rolle spielen Sie für die Studierenden? Wo sind die Berührungspunkte, mit welchen Problemen oder Fragen kommen die jungen Leute zu Ihnen?
Das müssen Sie die Studierenden fragen! Ich freue mich aber, dass Studierende mich nicht nur mit Anliegen bezüglich ihres Studiums kontaktieren, z.B. weil sie ihre Abschlussarbeit bei mir schreiben wollen, sondern dass ich Studierenden auch sonst mit Rat und Tat zur Seite stehen kann, z.B. als beratender Professor in der DPRG-Studierendengruppe.
Ihr Vorgänger galt als besonders „nahbar“, er verbrachte viel Zeit mit den Studierenden. Welche Art Prof sind Sie?
Auch hier ist die Selbsteinschätzung schwierig, ich versuche jedenfalls im Umgang mit den Studierenden offen zu sein. Ob ich damit an lebende Legenden, wie Herrn Obermeier herankomme, ist allerdings fraglich.
Was bieten Sie den Studierenden und was wünschen Sie sich von ihnen?
Ich versuche, möglichst interaktiv zu unterrichten und nicht allzu häufig der „Professorenkrankheit“ zu verfallen, nämlich das Monologisieren. Von meinen Studierenden wünsche ich mir aktive Teilnahme an meinen Seminaren. Bisher bin ich damit, trotz aller Nachteile des virtuellen Unterrichts, aber sehr zufrieden.
Stichwort virtueller Unterricht: Wie hat die Corona-Pandemie Sie ganz persönlich beeinflusst?
Die Pandemie hat mich ins Home Office verbannt, in meinem Fall ein ca. 10 qm großes Zimmer, das uns auch als Schlafzimmer dient. Außerdem war es im ersten Lockdown wirklich herausfordernd mit einer zweijährigen Tochter und zwei Berufstätigen von zuhause aus in mein erstes Lehrsemester zu starten. Die Nähe zum Campus und vor allem auch zu den Studierenden fehlt mir schon sehr.
Welche Auswirkungen hatte sie auf das Studium? Geben Sie uns gerne auch eine Einschätzung über die praktische Umsetzung des Online-Unterrichts hinaus. Welche Sorgen, Themen, Gedanken kamen inhaltlich auf, die möglichweise auch inhaltlich in Ihre Lehrveranstaltungen geflossen sind?
Der Online-Unterricht hatte meiner Wahrnehmung nach gut geklappt und ich habe mich gefreut, dass mir die Studierenden dies, z.B. über die turnusmäßigen Evaluationen, auch zurückgespielt haben. Ansonsten fehlt mir etwas der Vergleich. Mein erstes Lehrsemester war ja direkt zum Start der Pandemie.
Wie erleben Sie den Nachwuchs?
Sofern Sie „Nachwuchs“ auf die Studierenden beziehen, würde ich sagen, dass mir schon Unterschiede zwischen meiner Generation, den „Millenials“ und der Studierenden-Generation, der „Generation Z“ auffallen: Die Generation Z ist nicht so entscheidungsfreudig und auch eher bereit dazu, getroffene Entscheidungen zu revidieren. Das erlebe ich bei den Millenials ganz anders. Ist eine Entscheidung einmal getroffen, bleibt diese meist auch bestehen. Vielleicht ist unsere Denkweise noch eher analog geprägt, ich würde jedenfalls nicht sagen, dass es immer ein Fehler ist, getroffene Entscheidungen nochmal zu überdenken.
Falls Sie mit Nachwuchs aber meinen eigenen Nachwuchs meinen: In Summe erlebe ich das als das Schönste auf der Welt. Ich habe allerdings das Gefühl gleichzeitig zu verjüngen und zu altern.