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PRSH-Mediendisput – Integration durch Kommunikation?
Alle reden über unsere neuen Nachbarn. Gerade Pressesprecher und Journalisten begegnen dem Thema Flüchtlinge jeden Tag. In einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem Bundesverband Deutscher Pressesprecher (BdP) und der Journalistinnen- und Journalisten Union (dju) beschäftigten wir uns am 22. März mit den Fragen:
Migration. Integration. Kommunikation. – haben wir eine (gemeinsame) Verantwortung für das Thema? Und müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass die Stimmung nicht kippt?
Auf dem Podium diskutierten Johanniter-Pressesprecherin Frauke Engel, Pressesprecherin der Region Hannover Christina Kreutz, Roman Mölling vom Bundesverband Deutscher Pressesprecher sowie die Journalisten Björn Siebke vom NDR und Canan Topçu von den Neuen Deutschen Medienmachern. Durch die Veranstaltung führten Christian Hoffmann (Gewerkschaft der Polizei) und Matthias Büschking (SoVD-Landesverband Niedersachsen).
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt eröffnete die Veranstaltung mit einer Keynote. Sie sprach von „den neuen Nachbarn der Gegenwart und der Zukunft“ und forderte von Journalisten und Pressesprechern mehr Fingerspitzengefühl bei der Wahl ihrer Worte.
Schaffen wir das oder schaffen wir das nicht, Menschen positiv zu integrieren? Darauf zitierte Rundt die Kanzlerin: „Ja, wir schaffen das und müssen das auch schaffen.“ Sie stellte aber auch fest, dass das Ehrenamt dabei nicht überfordert werden darf, sondern künftig mehr Unterstützung braucht. Ebenso sprach Rundt von der Rolle der Medien bei der Integration: „Misserfolg und Erfolg hängen von der Art der Berichterstattung ab. Öffentlicher Diskurs ist gewünscht und gehört zu unserem Verständnis von Demokratie.“ Auch für die Online-Medien und den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter hat die niedersächsische Sozialministerin klare Vorstellungen. Es fehle eine Gate-Keeper-Funktion – niemand filtere dort Informationen nach ihrem Wahrheitsgehalt oder prüfe einzelne Quellen. Falsche Informationen könnten weiterhin gestreut werden sowie Menschen verunsichert und Ängste geschürt werden.
Weitere Meinungen zeigten sich in der anschließenden Podiumsdiskussion. Frauke Engel, Pressesprecherin der Johanniter-Unfallhilfe, berichtete von einem Flüchtlingsheim in Sarstedt. Dabei sprach sie von der Relevanz von maximaler Transparenz beim Diskurs mit der Öffentlichkeit. „Denn das Thema kann auch schnell umschlagen, wenn man nicht offen damit umgeht“, fügte Christina Kreutz, Pressesprecherin der Region Hannover, hinzu.
Björn Siebke, Journalist beim NDR, erklärte: „Das Thema hat unglaublich viele Facetten, selbst wenn man als Journalist nicht darauf spezialisiert ist. Verantwortung in der NDR-Redaktion heißt: Wir versuchen aktuell zu berichten, aber immer sehr verantwortungsvoll. Wir machen uns große Gedanken, welche Worte und welche Sichtweisen am ehesten die Realität repräsentieren.“
Finden Pressesprecher nur noch in der Superlative statt, um in die Medien zukommen?
Roman Mölling erklärte, dass das Tagesgeschäft nur mit guten Zeilen funktioniere – in guten wie in schlechten Zeiten. „Damit wir wahrgenommen werden, müssen wir über die Überschrift gehen und das übertreiben einige Pressesprecher maßlos.“
Canan Topçu, Journalistin bei den Neuen Deutschen Medienmachern, war eine der ersten Journalistinnen überhaupt, die bei einer überregionalen Tageszeitung mit sogenannten Migrationshintergrund arbeitete. „Menschen mit Migrationshintergrund sagen mir oft: Endlich hat es einmal eine von uns geschafft.“ Canan Topçu forderte in der Diskussion bereits in der Schule eine Vermittlung von Medienkompetenz, um junge Leute zu sensibilisieren und den Journalismus nicht direkt als Lügenpresse abzustempeln. Laut Topçu informieren sich viele Leute über Facebook und andere soziale Netzwerke. Viele wüssten dabei aber nicht, dass sich dort auch Artikel abrufen lassen. „Der gute Journalismus bleibt, dazu brauchen wir aber auch gute Ausbildungen. Und Leute, die die Rezipienten so informieren, dass wir einen Spagat zwischen klassischen Medien und neuen Medien schaffen.“
Christina Kreutz erklärte abschließend ihre Sichtweise zum Thema der gemeinsamen Verantwortung: „Eine gesellschaftliche Verantwortung haben wir alle, aber als Pressesprecher müssen wir sorgfältig mit Informationen umgehen, sodass sie nicht missverstanden werden. Das ist eine riesen Herausforderung.“ Für die Seite des Journalismus zog Björn Siebke ein Fazit: „Wir haben nur Verantwotung für unser Publikum und für ein gesellschaftliches Klima – mehr erstmal nicht.“
Haben wir nun eine gemeinsame Verantwortung oder nicht?
Die Diskussion deckte unterschiedliche Facetten und Meinungen zum Thema der Kommunikation über Flüchtlinge ab. Am Ende durfte das Publikum der Veranstaltung darüber abstimmen. Die meisten stimmten für eine gemeinsame Verantwortung. Alle Fragen zu diesem sensiblen Thema konnten sicherlich nicht im Detail beantwortet werden, aber es gab einige spannende Anregungen und Aspekte.
Ein Beitrag von Loreen Abedi (6. Semester Bachelor Public Relations).