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  • 4. November 2015 Klenk & Hoursch

    Krisen im Social Web: Es fehlt an Erfahrung und Handwerkszeug

    Blitz-Umfrage offenbart Schwächen deutscher Unternehmen

    Krise? Klar, ist wichtig!

    Seit Wochen beschäftigen sich die deutschen Wirtschafts- und Tages­zeitungen pausenlos mit der Krise der Automobil­industrie, ausgelöst durch #Dieselgate bei Volks­wagen. Befeuert wird sie durch die üblichen Empörungs­wellen im Social Web. Anstatt kluge Ratschläge zu geben, haben wir im Rahmen einer inter­nationalen Blitz-Umfrage gefragt: »Wie gut fühlen sich Unter­nehmen auf Krisen im Social Web vorbereitet?« Ob Berater oder Presse­sprecher, knapp 100 Kommuni­kations­profis aus Deutsch­land und der ganzen Welt haben unsere Fragen aus ihrer Sicht beantwortet. Trotz extrem hoher Branchen­vielfalt ist damit keine repräsentative Auswahl deutscher oder gar inter­nationaler Unter­nehmen erfüllt. Die Ergebnisse verschaffen dennoch interessante Einblicke, wo es besonders bei größeren deutschen Unter­nehmen im Jahr 2015 typischer­weise noch klemmt und wie sie im inter­nationalen Vergleich dastehen.

    Social Web in der Krisenkommunikation

    Krise im Social Web? Naja, gehört ja fast dazu, oder?

    Die gute Nachricht zuerst. Gut drei Viertel (78 Prozent) der Befragten aus Deutsch­land geben an, dass ihr Unter­nehmen eine gesunde Sensibilität für Krisen im Allgemeinen hat und sich auf den Ernst­fall vorbereitet. Angesichts der Tatsache, dass ein Groß­teil der Teil­nehmer in Unter­nehmen mit der mehr als 1.000 Mitarbeitern arbeitet, wäre weniger auch besorgnis­erregend.

    Bei diesen Krisen auch den Einfluss des Social Webs mitzudenken, halten immerhin noch zwei Drittel (68 Prozent) für wichtig oder sehr wichtig. Damit bleiben sie jedoch deutlich hinter den inter­nationalen Kollegen zurück. Im inter­nationalen Kontext gehört Social Media zur Krisen­prävention ganz selbst­verständlich dazu (92 Prozent).

    Blitz-Umfrage: Unterstützung

    Prävention? Sieht mein Chef leider nicht so dringend…

    Das schlechtere Ergebnis auf deutscher Seite dürfte auch damit zusammen­hängen, dass die befragten Kommuni­katoren in Deutsch­land ihren Chefs ein erschreckendes Zeugnis ausstellen. Gerade einmal sechs Prozent bekommen von ihrem Top-Management für die Krisen­prävention im Social Web wirklich volle Unter­stützung. Gerade die ist aber entscheidend, wenn alte Strukturen hinter­fragt, Silos eingerissen, Gesprächs­bereitschaft hergestellt oder Dringlich­keit erzeugt werden muss. Im inter­nationalen Vergleich ist die »volle Rücken­deckung« mit 34 Prozent deutlich höher.

    Vorbereitung? Aber doch nicht fünf Tweets für jede Eventualität?

    Stellen Sie sich vor, die Krise läuft. Fans und Follower wollen endlich wissen, woran sie sind. Typischer­weise ist alles, was Sie haben, eine Presse­mitteilung in feinstem Juristen­deutsch. Für das Social Web ist das leider völlig unbrauchbar. Während die Uhr tickt, verspielen Sie die mühsam aufgebauten Sympathien und Fürsprecher. So oder so ähnlich sähe es wohl bei 70 Prozent der Befragten in Deutsch­land im Ernstfall aus. Sie gaben an, in der Krisen­prävention kein Material zu erstellen, das auch für das Social Web verwertbar wäre.

    Blitz-Umfrage: Aktionsplan

    Natürlich macht es wenig Sinn, für jede noch so abwegige Situation Tweets und Posts vorzubereiten. Ein paar grund­legende Dinge für besonders reputations­schädigende und besonders wahrschein­liche Fälle sind aber unerlässlich. Ein empathisches Statement, eine Info­grafik, die sie nur in Details anpassen müssen, einen Q&A, der nicht nur in 140 Zeichen antwortet, sondern auch ein paar Links, Fotos, Namen enthält. Kurz, alles was Ihnen hilft, schnell und auf Augen­höhe zu erklären, was Sie schon wissen oder eben noch nicht wissen. Wenn Sie das vor dem Krisenfall mit der Rechts­abteilung besprochen haben, stehen die Chancen ganz gut, dass Sie die Materialien auch wirklich verwenden können, wenn die Zeit knapp und der Druck hoch ist. Dann müssen Sie nicht mehr darauf hoffen, dass am gleichen Tag der Papst abdankt, Justin Bieber ohne Handtuch auf den Balkon läuft oder Ihr Chef reinkommt und sagt: »Gut, dass das nur eine Übung war!«

    Blitz-Umfrage: Trainings

    Übungen? Bringen die was?

    Die Wahrschein­lichkeit, dass es sich nur um eine Übung handelt, ist allerdings sehr gering! Nur ein Drittel der Befragten nimmt in regel­mäßigen Abständen (mindestens alle zwei Jahre) an irgendeiner Art von Krisen­training teil, die auch das Social Web einbezieht. Daher verwundert es nicht, dass mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) keine Erfahrung mit Social Media-Krisen haben. Aber selbst von den Wenigen (16 Prozent), die regel­mäßig Übungen absolvieren, fühlt sich nur die Hälfte (8 Prozent) so gut vorbereitet, dass sie voller Überzeugung sagt, Erfahrung mit Krisen im Social Web zu haben. Mit anderen Worten: Alarmstufe Rot für erfolgreiche Krisen­kommuni­kation in der digitalen Ära. Aber was kann man da machen?

    Krisen im Social Web kann man doch nicht simulieren! Sagt wer?

    Inzwischen gibt es ausgezeichnete Tools, die sehr komplexe Szenarien mit dem vollen Funktions­umfang der verschiedenen Kanäle abbilden können. Mit nahezu unbegrenzt vielen Teilnehmern können sowohl große Krisen­simulationen ganzer Konzerne, als auch kleinere Übungen für einzelne Teams durch­geführt werden. Die Eckdaten dazu finden Sie hier. Details und Hinter­gründe dazu stellen wir Ihnen in einer der nächsten Blogposts mit dem Titel: »Stresstest in Echtzeit – Social Media Krisen erfolg­reich und sicher simulieren« vor.

    Weitere Details zur Umfrage und Informationen zu Krisen­kommunikation

    Wie haben wir die Umfrage gemacht?

    Drei Worte zum Hinter­grund für die »Wie-lügt-man-mit-Statistik-Kritiker« und »Möchtegern­repräsentativ-Aufpasser« – Leute wie mich. Wir haben 158 Experten aus unserem Netz­werk angeschrieben. Ehemalige und aktuelle Kunden, Partner, befreundete Agenturen, Influencer, Berater. Insgesamt 98 haben geantwortet. Knapp zwei Drittel (63 TeilnehmerInnen) davon kamen aus Deutschland, das verbleibende Drittel (38 TeilnehmerInnen) buchstäblich aus aller Welt. Damit gibt die Umfrage einen guten Einblick in die aktuelle Situation von Unter­nehmen, auch wenn trotz extrem hoher Branchen­vielfalt nicht von einer repräsentativen Auswahl gesprochen werden kann.

    Agenturen und freie Berater wurden gebeten, die Fragen für eines ihrer Unter­nehmen auszufüllen. Die Befragung lief vom 15. bis 18. September 2015. Der Anteil der Berater lag bei ungefähr 25 Prozent. Die ausgewerteten Frage­bögen wurden mehrheitlich von Unter­nehmens­vertretern ausgefüllt, die mehr als 1.000 Kolleginnen und Kollegen in ihrer Organisation haben. Ein Fünftel der Unter­nehmen engagiert sich aktuell nicht im Social Web. Nur für einen Bruch­teil der Befragten haben wir bisher digitale Projekte umgesetzt. Bleibt die Frage: Wie gut wären Sie vorbereitet?
    Simeon Ulandowski ist Senior Consultant bei Klenk & Hoursch und leitet den Beratungs­bereich Social Media & Digitial Marketing.

    Der Blogbeitrag ist zuerst auf www.klenkhoursch.de/blog erschienen.

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