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Keine Story mehr ohne Haltung!
Das Interview ist zuerst auf www.klenkhoursch.de/blog erschienen.
Es gibt doch hierzulande gar keine Müller mehr. Schon gar keine armen. Und schöne Töchter am Spinnrad gibt es auch nicht. Und trotzdem treffen mich die ersten Sätze dieses Jahrhunderte alten Märchens. Fast jeder kennt das Märchen vom Rumpelstilzchen. Das schräge, ums Feuer hüpfende Männchen, schafft noch heute, sich in medial umtosten Kinderhirnen dauerhaft einzunisten und uns auch als Erwachsene zu bewegen. Weshalb? Weil es Haltung zeigt und abverlangen und so Orientierung gibt.
Geschichtenerzähler wissen, dass die Haltung der Protagonisten der Haken ist, an dem sich das Zuhörerherz aufhängt. Die Wucht der Worte und ihrer Bilder ist wichtig, natürlich. Sie können uns emotional erschüttern. Die hollywoodeske Werbeindustrie hat es zur Meisterschaft darin gebracht.
Wir sind sozusagen dauererschüttert
Doch irgendwie bekommt weder uns, noch den werbetreibenden Unternehmen noch ihren Marken dieses Schütteltrauma. Nirgends wird das deutlicher als im multisozialmedialen Jederschütteltjeden-Rausch, den wir gerade erleben. Dass es so mit der Verankerung von Inhalten und Images beim Konsumenten nicht mehr klappt, diese Erkenntnis kommt einer Zeitenwende im gewerblichen Storytelling gleich. Endlich wird Schluss sein mit dem substanzlosen Geschäume, mit wertefreiem Superlativgetöse, mit
Hashtagichkannnochkrasser
Es wird kein dauerhaft erfolgreiches Storytelling mehr geben, ohne dass Unternehmen und Marken Stellung beziehen. Wir wollen sie wissen, die Moral von der Geschicht.
Natürlich beziehen Unternehmen immer schon gesellschaftlich Stellung. Über Parteienspenden, Lobbying, Verbandsarbeit, Corporate Responsibility-Programme, Stiftungen. Aber sie achten bisher – in Deutschland wohl noch mehr als in anderen Ländern – peinlich genau darauf, diese Einmischung von ihrer Markenkommunikation zu trennen. Fairtrade und ethische Coffeeshops sind die Ausnahmen, die die Regel bestätigen.
Damit wird bald Schluss sein. Menschen werden nicht mehr akzeptieren, dass Facebook meint, Hass auf seiner Plattform sei seine Sache nicht. Der Gigant muss löschen, und wer löscht, bezieht politisch Stellung. Es wird nicht mehr lange akzeptiert, dass Unternehmen Profite so lange um den Globus vagabundieren lassen, bis keine Steuern mehr anfallen. Europa erlässt gerade Gesetze dagegen. Die Unternehmen werden gezwungen, Farbe zu bekennen, mit ihren Handlungen und in ihren täglichen Geschichten. Laut und deutlich.
Ohne diese Farbe sehen alle ihre Stories blass aus
Klar ist aber: Auch mit Haltung wird aus Stroh kein Gold. Aber ohne Haltung entfacht selbst Gold nur ein Strohfeuer. Geschichten brauchen tragfähige Themen und starke Protagonisten, dramatische Handlungen, müssen hirn- und herzzerreißend anders sein, um zu verfangen. Die Forderung nach Haltung ist keine Forderung nach moralinsaurer Langerweile. Hätte Rumpelstilzchen Horst geheißen – dann hätte auch die Moral von der Geschicht‘ nicht weit getragen.
Der vollständige Beitrag ist erschienen in der turi2edition „Neu! Werbung: Innenansichten einer verführerischen Branche“ http://www.turi2.de/edition2/
Stephan Hoursch ist Mitgründer und Vorstand von Klenk & Hoursch. Inhaltlich liegt sein Schwerpunkt im Beratungsbereich Story Development & Agenda Setting.