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  • 15. März 2018 Julia Bröder

    Ira Reckenthäler: „Es gibt immer jemanden, der besser ist – bestenfalls im eigenen Team“

    Schon beim Kinderfasching ging sie als Häuptling und nicht als Squaw. Wie Ira Reckenthäler sich auch im Job bis an die Spitze gearbeitet hat und Partnerin in einer Agentur wurde, lest ihr im Interview aus unserer Serie „Frauen in Führungspositionen“.

    DER STECKBRIEF

    Name + Alter: Ira Reckenthäler, 51

    Aktuelle Position: Partner, Senior Director und Chief Marketing Officer bei Wildcard Communications

    Personal- und Budgetverantwortung: 22 Mitarbeiter / 2,8 Mio. € p.a.

    Frauenanteil unter den Mitarbeitern: 80%

    DAS INTERVIEW

    PR Career Center: Wie sind Sie in Ihren ersten Job mit Führungsverantwortung gekommen, wie alt waren Sie und was war das für eine Stelle?

    Ira Reckenthäler: Als ich in den 1990er Jahren mein Volontariat startete, hatte ich weder Hintergrund, noch Kenntnis von der Branche. Doch in schneller Zeit habe ich mich eingearbeitet und konnte schon früh innerhalb einer Agentur aufsteigen. Und irgendwann kommt für jedermann der Punkt, wo erste Führungsaufgaben anstehen. In der Position als Juniorberater hatte ich meine erste Personal- und damit Führungsverantwortung. Teils für Teammitglieder, die älter und erfahrener als ich waren. Diese Zeit war sehr lehrreich, denn natürlich lief nicht alles glatt und ich machte Fehler. Aber ich habe viel über mich und über Personalverantwortung gelernt.

    PR Career Center: Was hat Ihnen auf Ihrem Karriereweg besonders geholfen, einen Schritt weiter und bis auf Spitzenpositionen zu kommen?

    Ira Reckenthäler: Ein Maß an Kampfgeist und mein Vertrauen, dass es schon irgendwie wird. Selbst Misserfolge helfen einem weiter. Nie habe ich mehr gelernt, als aus meinen Fehlern. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass es immer jemanden gibt, der besser ist als man selbst. Im besten Fall, hat man diesen Menschen im eigenen Team und kann von diesen Personen lernen, besonders auch, wenn einem diese Personen unterstellt sind. Das empfinde ich dann schon als Geschenk. Und natürlich ist es wichtig, sich immer wieder mit neuen Themen zu beschäftigen und auf Neues einzulassen. Sich selbst keine Gedankenschranke aufzuerlegen. Ich bin an allem interessiert, verbinde alles mit einander.  

    PR Career Center: Wer hat – außer Ihnen selbst – Ihre Karriere maßgeblich beeinflusst? Und was haben Sie von ihr oder ihm konkret mitgenommen?

    Ira Reckenthäler: Mein Elternhaus hat mich sehr beeinflusst, weil ich das Vertrauen hatte, dass ich meinen Weg gehen durfte, ohne klassische Rollenerwartung – so war ich beispielsweise an Fasching immer Häuptling, nie Squaw. Ich durfte Kampfsport ausüben und siegte in der Leichtathletik als schnellstes Mädchen der Schule. „Ich kann das!“, das hat sich tief in mir verwurzelt. Viele interessante Personen kreuzten meinen Weg, aber besonders möchte ich jene zwei nennen, die mir in meiner letzten Position, bevor ich zu wildcard communications stieß, besonders viel Vertrauen, Respekt und Vorwärtsdenken entgegenbrachten: Der Chief Marketing Officer und Mitgründer von simyo, Christian Magel und dem Gründer und CEO Rolf Hansen. Die beiden waren ein kongeniales Führungsteam für mich, hervorragende Chefs und große Vorbilder in Sachen Menschlichkeit, Familienorientierung bei gleichzeitig höchster Passion für Job und Aufgabe.

    PR Career Center: Was zeichnet Sie als Führungskraft in Ihrer aktuellen Position besonders aus? Wo liegen Ihre Schwerpunkte im Arbeitsalltag?

    Ira Reckenthäler: Meine Schwerpunkte liegen klar in der Kundenberatung auf strategischem Niveau. Komplexe Situationen zu entschlüsseln, Zielpunkte zu formulieren und dann auch kreative Ansätze dafür zu entwickeln, das ist meine Kernaufgabe. Eine Führungskraft kann nur so gut sein wie das dazugehörige Team. Und ich bin stolz, mit hervorragende Mitarbeiter jeden Tag zusammenarbeiten zu können.  

    PR Career Center: Was war Ihr bislang schönstes Erfolgserlebnis als Führungskraft?

    Ira Reckenthäler: Das Erleben ist zweidimensional: Einerseits, Potentiale zu erkennen und zu helfen, diese zu entfalten, manchmal gegen Wiederstände und starrer Überzeugung der Person. Und andererseits auch denjenigen aus einer ausweglosen Situation zu leiten, die sich in dem Glauben verrennen, sie müssen unbedingt im Job bleiben, auch wenn dieser gar nicht gut für sie ist. Auf beiden Seiten gehört Achtsamkeit und wertfreie Klarheit für eine Führungskraft dazu. Und der Wunsch, zu einem positiven Ergebnis für alle Seiten zu kommen. Eine Trennung, aber auch ein Karriereschritt nach vorne können gleichermaßen lösend und befreiend sein.

    PR Career Center: Wie erkennen Sie junge Talente und wie fördern Sie sie? Schaffen Sie in Ihrer Agentur Anreize für die Karrierewege speziell Ihrer Mitarbeiterinnen und was halten Sie von Female-Leadership-Programmen?

    Ira Reckenthäler: Bei uns wird „Gender Equality“ gelebt. Das umfasst, dass Gehälter offen und nach Qualifikation vereinbart werden. Wer erfolgreich sein will, wird gefördert. Interessanterweise erlebe ich das häufiger bei jungen Frauen. Zudem haben wir ein „Fast Track Programm“, in dem man Ziele in verkürzter Zeit erreichen kann. Leider zögern dann am Ende doch viele weibliche Potentialkandidatinnen, weil sie sich bestimmte Aspekte (noch) nicht zutrauen, wie zum Beispiel Teammanagement. Aber auch hier versuchen wir über Coaching und Dialog die Hemmnisse gemeinsam wegzuräumen. Wichtig ist, dass die Fast Tracker genau wie diejenigen in regulärer Zeit, erkennen, aus welchen Gründen sie den jeweiligen Weg wählen. Wenn man nur einem vermeintlichen Rollenverständnis hinterherläuft und das Ego füttert, wird man selten gut. Ehrlichkeit zu sich selbst zu haben ist mutig. Und Kommunikationsjobs sind etwas für Mutige – insbesondere in der Agenturwelt.

    PR Career Center: Was verhindert Karriere von Frauen in der Kommunikation? Wie wichtig sind Vereinbarkeit von Karriere und Familie oder Modelle zum Wiedereinstieg nach der Elternzeit? Welche Vorbilder sehen Sie?

    Ira Reckenthäler: Mangelnde Unterstützung untereinander, tradierte Rollenbilder und Karrieremuster aber auch männerdominierte Seilschaften. Es herrschen noch zu viel Unverständnis für die neue, zukunftsweisende Vermittlung jenseits von Gender und Rolle und zu wenig Unterstützung durch mangelnde gesellschaftliche Infrastruktur. Homeoffice, klare Absprachen und das Wollen des gesamten Teams gehören dazu, um berufstätige Eltern den Rücken zu stärken. Denn mit Kindern wird der Job nicht einfacher und nicht selten muss ein Teil davon zu bestimmten Zeiten durch die Kollegen mit getragen werden – das ist einfach so. Bei wildcard communications wird über Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur gesprochen, sondern siw wird gelebt.  

    PR Career Center: Der Nachwuchs in der Kommunikationsbranche ist weiblich. Welchen Rat geben Sie ihm mit auf den Weg?

    Ira Reckenthäler: Bildet Netzwerke und ermutigt euch gegenseitig. Mit Bissigkeit kommt man vielleicht hoch, aber nicht weiter. Bleibt neugierig, seid klug, bleibt flexibel und agil.

    Dieses Interview ist Teil unserer Serie von Interviews mit Frauen in Führungspositionen. Alle weiteren Interviews findest du hier.
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