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  • 16. Juni 2015 Ketchum Pleon

    Ich sehe, was du meinst – “Visual Thinking” als Zukunftsmethode für interdisziplinäres Arbeiten

    Der Moment, als das Trojanische Pferd auf die Metaplanwand skizziert wurde, brach den Bann: Unförmig, schielend und grün, wurde es sofort von allen Workshop-Teilnehmern ins Herz geschlossen und galt ab dem Zeitpunkt als einprägsame Analogie für den strategischen Ansatz des Projektes. Rundherum sammelten wir Themen, die das „Pferd“ symbolisierten, und zeichneten die „Landung“, die „Fortbewegung“ und die Wahl des richtigen „Stadttores“. Die Analogie machte es für alle Teilnehmer einfach, über Kernbotschaften, Distribution und die zielgruppenadäquate Auswahl der Medienkanäle zu diskutieren. Vergessen war die Tatsache, dass sich zuvor die Personen in dem Raum nicht sonderlich grün und die Aufmerksamkeitsspanne nicht sonderlich ausgeprägt war. Das Pferd hatte es geschafft, die gesamte Aufmerksamkeit auf die Thematik und die Schritte zur Lösung zu legen. Willkommen in der wunderbaren Welt des Visual Thinking.

     

    Visual Thinking verwenden wir im Folgenden als Oberbegriff für das Arbeiten mit einfachen Zeichnungen, Sketches und Illustrationen in Business Settings. Einsatzziel ist es, gemeinsam Themen weitflächig zu erkunden und zu verstehen. Vielleicht ist es Ihnen auch in Form von Sketchnoting, Scribing, Graphic Recording oder Graphic Facilitation bereits begegnet. In der Wirtschaft hält diese Art des Arbeitens immer mehr Einzug, denn sie verstärkt ein konstruktives und lösungsorientiertes Miteinander. Und die Darstellung der Inhalte als Zeichnung passt perfekt zu dem nonlinearen und multiperspektivischen Denken, das wir gerade bei komplexen und interdisziplinären Projekten benötigen. Alle Zusammenhänge und Abhängigkeiten werden hier auf einen Blick – in einer Zeichnung – dargestellt statt auf 50 nacheinander abgespulten Powerpoint-Folien.
    Zur besseren Orientierung eine Übersicht:

     

    Sketchnoting:
    Die Einsteigerdisziplin für den Eigengebrauch: Statt Protokolle und Mitschriften von Meetings, Konferenzen oder Kongressen zu erstellen, zeichnen Sie selbst das Gehörte mit. Ob in ein Notizbuch oder ein iPad, bleibt Ihren Vorlieben überlassen. Dabei geht es nicht um Schönheit oder künstlerische Ausdrucksfähigkeit, ein paar Striche, Pfeile oder kleine Motive genügen meist. Entscheidend ist, dass Sie die für Sie wichtigen Inhalte aus dem Vortrag filtern, bildlich festhalten und in Beziehung zueinander setzen. Die Methode wirkt länger nach, hilft beim Memorieren und bewahrt vor weitverbreiteter Kongress-Ermüdung. Zum Training eignen sich die hausinternen Meetings, aber auch persönliche Jahresplanungen hervorragend. Gleiches gilt für TED Talks oder Einkaufslisten. In einigen Ländern gibt es bereits erste Bemühungen, Sketchnoting in den Unterricht einzubinden, da es nachweislich die Konzentration und damit das Lernen fördert.

     

    Idea Sketch – Visual Meeting:
    In Kreativsitzungen schon weit verbreitet und auch in Kreativmethodiken wie etwa dem Design Thinking explizit eingefordert ist das „Idea Sketching“: Ideen werden direkt im Meeting als schnell gezeichnete Skizzen festgehalten und helfen bei der Erläuterung von Kommunikationsmaßnahmen und Kampagnenansätzen. Ob am Flipchart, Whiteboard oder auf einem Post-it-Zettel, ist dabei egal. Teil- nehmer skizzieren selbst ihre Ideen: Strichmännchen, Verbindungspfeile, Kisten und Kreise sind dabei alles, was sie als Zeichenwerkzeug brauchen, „Ich kann nicht malen“ ist keine Ausrede. Wer jedoch lieber zeichnen lässt, kann hier auch einen Illustrator zum Meeting ein- laden, der die Ideen der Teilnehmer direkt als Zeichnungen umsetzt.

     

    Graphic Recording – Visuelle Protokolle:
    Hier wird es etwas fortgeschrittener. Sie kennen es vielleicht von Konferenzen und Tagungen: Neben der Bühne steht ein professioneller Illustrator und skizziert den Vortrag auf der Bühne visuell für die Teilnehmer auf einem überdimensionierten Flipchart oder Plakat. Es handelt sich demnach um eine Form des Sketchnotings für ein größeres Publikum, welches dem Zeichner bei seiner Arbeit zuschaut. Eine eindrückliche Art, Inhalte als visuelles Protokoll für die spätere Erinnerung aufzubereiten. Positiver Nebeneffekt: Das fertige Bild kann einfach im Nachgang zur Konferenz an die Teilnehmer verschickt werden. Graphic Recording erfordert vom Zeichner die Fähigkeit, gleichzeitig zuzuhören, zwischenzuspeichern, bildliche Übersetzungen zu finden und zu zeichnen. Klingt nach viel, ist aber reine Übungssache und erlernbar!

     

    Graphic Facilitation:
    Eine Kreuzung aus Moderationstechnik und Graphic Recording: Anhand von passenden Bildlandschaften (zum Beispiel die Reise des Teams über einen herausfordernden Berggipfel) erschließt die Gruppe interaktiv ein Thema. Dem „Facilitator“ kommt hierbei durch seine Moderationsleitung eine steuernde Rolle zu – im Gegensatz zum zuvor beschriebenen „Recorder“, der losgelöst vom Redner und Publikum die präsentierten Inhalte zu Papier bringt und eher selten in Interaktion mit einem von beiden tritt. Graphic Facilitation wird gerne angewandt bei Change- und Teamprozessen, die ein gemeinsames Vorgehen anstreben.

     

    Ganz gleich, ob Sie Probleme in einer Gruppe neutral diskutieren oder Prozesse unter die Lupe nehmen wollen, ein schwieriges Teamcoaching oder einen Change-Prozess vor der Brust haben oder in Ihrer Management-Runde endlich eine Entscheidung herbeiführen wollen: Visual Thinking hilft, Gedanken von Gruppen (und auch Einzelpersonen) „sichtbar“ zu machen. Auf einer neutralen Fläche (Zeichenwand) werden gemeinsam erarbeitete Ergebnisse mit dem Stift in Wort und Bild festgehalten. Und diese verhallen nicht in der abgestandenen Meeting-Luft, sondern bleiben für alle sichtbar und nachvollziehbar. Macht Spaß, hält wach und fördert Collaboration; ein produktives Gespräch miteinander statt gegeneinander. Mehr solcher Meetings bitte.

     

    Autorin: Yasmine Cordes

    ist Director Business Development bei Ketchum Pleon Deutschland und beschäftigt sich u.a. mit Workshops und  Präsentationsformaten, die inspirieren. Am liebsten gezeichnet.

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