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Bewegtbildexperte David Peter: „Versuchen Sie ein Nischenthema zu finden, das noch niemand besetzt hat“
David Peter ist Experte für Bewegtbildkommunikation, insbesondere berät er zum Einsatz von YouTube durch Unternehmen. Er selbst betreibt mehrere Kanäle auf der Plattform. Ende Juni war Peter zu Besuch bei campus relations. Sein Thema: Bewegtbildkommunikation – Konzept- und Formatentwicklung für Online-Video.
Svenja Mueller: Rückblickend auf die letzten Jahre: Was sind die größten Veränderungen, die Sie in Ihrem Berufsfeld beobachtet haben?
David Peter: In Bezug auf Bewegtbildkommunikation hat sich eine ganz massive Beschleunigung eingestellt. In den letzten Jahren sind sehr viele neue und große Plattformen entstanden, auf denen Bewegtbildkommunikation genutzt wird. Generell wird vermehrt visuell kommuniziert; das beste Beispiel hierfür sind die vielen Emojis, die heutzutage ganze Aussagen ersetzen. Durch diese Beschleunigung und den technischen Fortschritt ist außerdem die Produktion günstiger geworden. Als ich damals mit meiner Ausbildung angefangen habe, war das Equipment noch viel größer, teurer und schwerer. Es hat insgesamt eine Demokratisierung stattgefunden, was heißt, dass jeder heutzutage sehr einfach und schnell Videos produzieren kann.
Mueller: Welche Chancen bietet uns Bewegtbildkommunikation?
Peter: Ich glaube, dass es durch Bewegtbildkommunikation einfacher ist, persönlichere, emotionalere Beziehungen zwischen Personen und Unternehmen herzustellen. Das Medium Video macht dies möglich: Mimik und Gestik kommen zum Ausdruck und auch unterschwellige Informationen können mitgelesen werden. Die Zahl der Ausdrucksmöglichkeiten ist einfach viel höher als bei anderen Kommunikationsformen, was es gleichzeitig aber auch viel schwieriger macht das Medium „richtig“ zu beherrschen.
Mueller: Gibt es auch Nachteile, die sich aus der Bewegtbildkommunikation ergeben?
Peter: Aus kulturpessimistischer Sicht lautet die Antwort wahrscheinlich ja: Menschen verlernen wohlmöglich ein stückweit, komplizierte Texte zu lesen oder sich länger zu konzentrieren. Wobei hier natürlich die Digitalisierung insgesamt eine viel größere Rolle spielt. Dem gegenüber stehen aber auch Chancen: zum Beispiel die Förderung von emotionaler und sozialer Intelligenz durch dialogisch orientierte Bewegtbildkommunikation.
Mueller: Welches Ereignis hat Sie in Ihrer Karriere besonders geprägt?
Peter: Im Jahr 2010 habe ich bei einem Filmprojekt von Ridley Scott und YouTube mitgewirkt. Das Projekt lief unter dem Namen „Life in a day“, bei dem Interessierte dazu aufgefordert wurden, an einem bestimmten Tag ihren Alltag aufzunehmen und diese Clips an YouTube zu senden. Unter der Regie von Scott wurde daraus der Kinofilm „Life in a day“ / „Ein Tag im Leben der Menschheit“ geschnitten. An diesem Tag habe ich auch gefilmt und ein Teil meiner Clips wurde im Film verarbeitet. Der Hintergrund war allerdings ein tragischer: es war der Tag des Love Parade-Unglücks (24.07.2010) und ich selbst war vor Ort. Zwar war ich nicht selbst im Kessel, doch auch von „außen“ prägt so ein Ereignis natürlich. Es war eine wirklich schlimme Situation, die ich auch im Nachhinein erst richtig verstehen konnte. Aber aus dieser schlimmen Situation ist für mich tatsächlich etwas Gutes entsprungen. Ich wurde über das Projekt zu einem Filmfestival eingeladen, habe viele Leute kennengelernt und habe darauf meinen eigenen Kanal gestartet.
Mueller: Sind Sie in Ihrer Arbeit bereits an Grenzen gestoßen?
Peter: Aus dem Beratungsalltag kann ich sagen: Die erste Grenze ist meist das Budget. Es wird nach dem besten, schnellsten Video verlangt, aber es darf nicht mehr als 300 Euro kosten. Das funktioniert leider nicht. Doch die zweite, noch schwierigere Grenze, ist die im Kopf vieler Entscheider. Die meisten denken, Video sei entweder Imagefilm oder Werbung. Das Medium Video als Kommunikations- und Interaktionsmedium zu verstehen und darüber mit dem Publikum einen Dialog zu führen, das ist erst bei sehr wenigen Unternehmen in Deutschland angekommen.
Mueller: Welche Schritte würden Sie Studierenden empfehlen, die sich für Bewegtbildkommunikation interessieren?
Peter: Machen! Es ist ein Handwerk – man muss lernen, mit Kamera, Licht und Ton umzugehen und sich Schnitttechniken aneignen. Ein eigener YouTube- oder Snapchat-Kanal bietet sich für erste Versuche an. Sie müssen sich fragen: Wie kann ich mit meinem Video eine Geschichte erzählen und Zuschauer begeistern? Ganz wichtig hierbei ist es, ein passendes Thema für ihren Kanal finden. Ich arbeite zurzeit wieder an einem neuen Youtube-Kanal, meinem sechsten oder so (lacht). Ich finde es total herausfordernd, komplexe Themen verständlich aufzubereiten und deswegen habe ich mir diesmal das Thema Blockchain rausgesucht. Das wäre dann übrigens auch ein wichtiger letzter Tipp für Studierende: Versuchen Sie, ein Nischenthema zu finden, dass bisher keiner besetzt hat. Im Bereich der Medienwissenschaften gibt es zum Beispiel noch viele spannende Bereiche, zu denen es auf Youtube noch keine Videos gibt.
Interview: Svenja Mueller studiert Kommunikationswissenschaften im Bachelor im fünften Semester und ist erster Vorstand bei campus relations e.V.